Online-Protest gegen Wohnungsnot in Darmstadt (Echoartikel vom 12.08.2013)

Ein neues Bündnis will das Thema Wohnungsnot in Darmstadt über soziale Netzwerke noch stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Forderungen nach bezahlbarem Wohnraum gehen den Aktiven nicht weit genug – sie wollen, dass sich am System etwas ändert, wie sie sagen.

DARMSTADT.

Im Herbst beginnt das neue Semester an den Darmstädter Hochschulen. Wie jedes Jahr werden wieder eine ganze Menge neue Studenten in die Stadt strömen, die nicht nur hier studieren, sondern auch wohnen wollen. Aber genau das wird für viele mehr und mehr zum Problem. Den Mangel an bezahlbarem Wohnraum und explodierende Mietpreise beklagen Wohnraum-Initiativen von Studentenvertretern und Uffbasse schon lange.

Nun macht ein neues Aktionsbündnis, das sich aus Mitgliedern der beiden bestehenden Initiativen speist, im Internet mobil gegen die Wohnungsnot – um das Thema „noch mehr in die Köpfe zu holen“, wie es ein Sprecher der Gruppe formuliert. Über das soziale Netzwerk Facebook und einen eigenen Blog will die Gruppe, die sich Wohnungsnot Darmstadt nennt, Aufmerksamkeit erregen und Mitstreiter gewinnen – dabei aber zunächst anonym bleiben.

„Über 700 Wohnungen stehen leer“ Eine ihrer Kernforderungen ist eigentlich nichts Neues: Das Bündnis drängt darauf, bereits vorhandene Flächen möglichst schnell als Wohnraum verfügbar zu machen. „In Darmstadt mangelt es nicht an Wohnraum. Über 700 Wohnungen für 3000 Menschen stehen seit fünf Jahren leer“, schreiben die Betreiber auf ihrer Facebook-Seite in Anspielung auf die seit 2008 verlassenen Kasernen-Gelände im Süden der Stadt, die im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima)

Zähe Verhandlungen zwischen der Stadt und der Bima über die Zukunft der Militärgelände ziehen sich schon seit Jahren hin, zuletzt kam aber etwas Schwung in die Diskussion: In der Lincoln-Siedlung könnten – allerdings nur als Übergangslösung – im Oktober möglicherweise 150 Studenten einziehen, wie das Studentenwerk Ende Mai mitteilte.

Aber der Gruppe Wohnungsnot Darmstadt reicht das nicht. „Es geht uns nicht darum, zu sagen: ,Liebe Politik, jetzt macht doch bitte das und das.‘ Ein paar Plätze mehr im Studentenwohnheim lösen das Problem nicht. Am ganzen System muss sich etwas ändern“, sagt der Sprecher. „Wir wollen, dass auch alternative Wohnformen ausprobiert werden, statt die Gelände renditeorientierten Investoren zu überlassen.“

Als eine Möglichkeit nennt er das Mietshäuser-Syndikat, eine nicht-kommerziell organisierte Beteiligungsgesellschaft, die Häuser erwirbt, um sie dann selbst organisiert in Gemeineigentum zu überführen. In Freiburg, Berlin und Potsdam sind ähnliche Projekte bereits umgesetzt worden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Hier in Darmstadt mangelt es aber an solchen Initiativen“, beklagt das Aktionsbündnis.

Auch wenn bei der Wohnproblematik häufig die Studenten im Vordergrund stehen – dem neuen Bündnis geht es nicht ausschließlich um sie, wie der Sprecher betont. „Insbesondere in Kranichstein erleben wir gerade, dass in vielen Wohnblocks immer mehr WGs entstehen, weil von drei, vier Studenten ja mehr Miete verlangt werden kann als von einer Familie, wo es nur einen Alleinverdiener gibt“, sagt der Gruppensprecher.

Dass Geringverdiener gezwungen werden, auf den günstigeren ländlichen Raum im Umkreis auszuweichen, dürfe nicht sein. „Es muss jedem möglich sein, am Leben in der Stadt teilzuhaben, sonst verliert man den Anschluss. Vor allem, wenn man kein eigenes Auto hat und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist.“

Künftig plant die Gruppe auch Aktivitäten außerhalb der Anonymität des World Wide Web. Für den 30. August ist eine Demonstration unter dem Motto „Lärm für bezahlbaren Wohnraum“ in der Innenstadt geplant, bei der den Forderungen nicht nur virtuell, sondern auch deutlich sicht- und hörbar Ausdruck verliehen werden soll.

Quelle: http://www.echo-online.de/region/darmstadt/Online-Protest-gegen-Wohnungsnot-in-Darmstadt;art1231,4191327

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